FARADAY'S CAGE

Beschreibung

FARADAY'S CAGE ist der dritte Teil der Projektreihe CHANCES | CHANCEN, die sich mit Geistergeschichten der Medien beschäftigt. In dieser Reihe rücken jene vermeintlich abwegigen und zufallsbestimmten Aspekte medialer Phänomene in den Blick, die vergessen oder verschwiegen wurden, und zwar gerade im Namen des technischen Fortschritts, dem sie seit je vorausgingen und den sie überhaupt ermöglichten.

Im Fokus von FARADAY'S CAGE steht mit dem Magnetismus ein Phänomen, das sich als die maßgebliche Triebfeder der Geschichte der Naturwissenschaften bis in die Gegenwart begreifen läßt: Der Magnetismus ist nicht nur seit Jahrtausenden bekannt und wurde bereits in den Hochkulturen Ägyptens, Griechenlands und Asiens genutzt, sondern er ist eng mit der Geschichte der audiovisuellen Medien verbunden.

Um seine bahnbrechende Entdeckung der elektromagnetischen Induktion genauer zu erforschen, baut der englische Naturwissenschaftler Michael Faraday 1836 einen engmaschigen Kubus aus Kupferdraht, den er für Messungen elektrisiert.
Während jedoch die erwarteten Meßergebnisse ausbleiben, stellt er fest, daß das Innere des Kubus völlig frei von elektromagnetischen Beeinflussungen bleibt - zufällig entdeckt er jenen feldfreien Raum, der seither seinen Namen trägt.

Drei maßstabgetreue Nachbauten dieses feldfreien Raums aus feinmaschigem Kupfergewebe, dünnem Kupferblech und Holz bilden in FARADAY'S CAGE eine Performance-Installation, die zeitweise eine räumlich gebrochene Projektionsfläche für Videobilder bietet, die in langen und tastenden Sequenzen das bisweilen gespenstisch anmutende Arbeitsumfeld Faradays im 19. Jahrhundert zeigen.

Sieben Musikern des KNM bieten die installierten Kupferkäfige abgeschirmte Freiräume für Konzerte von John Cages Seven und Morton Feldmans Durations, während zwei Performer zwischen den Käfigen an mobilen Tischen in kurzen Vorträgen einigen randständigen Aspekten magnetischer Phänomene nachgehen: Sie spekulieren über Faradays Erinnerungslücken und die Stimulation des Vergessens in feldfreien Räumen; sie referieren ein Unterwasserexperiment zu dem Befall ihrer Gedanken durch magnetische Bakterien und stellen Zusammenhänge zwischen Faradays zufälliger Entdeckung des Käfigs und seinen Experimenten zu dem Phänomen des Tischrückens her; sie erzählen die verworrene Geschichte eines entwendeten Leserbriefs, den Faraday 1853 zu diesem spiritistischen Phänomen in der Times veröffentlicht, und erörtern, was John Cages Vater und die Beatles mit Faradayschen Unterwasserkäfigen verbindet.

Das akustische Ambiente aus Text-Performance und Konzert mischt sich mit einer achtkanaligen elektroakustischen Klanginstallation, die den Raum der Schinkelschen St. Elisabeth-Kirche mit grollenden Bässen, feinsten Knistergeräuschen, perkussiv wirkenden gong- und pizzicatoähnlichen Klängen, bewegten feedbacks, radiophonen wie kurzen O-Ton-Sequenzen in Bewegung zu versetzen scheint. Nur das überraschende Halb-Playback der Beatles-Ballade Because zu einer via Tonträger erklingenden Harfe scheint die akustische Bewegung inmitten weitgehender Dunkelheit für einen Augenblick anzuhalten.