ARACHNE.TV

Beschreibung

Einer mythischen Erzählung zufolge wird Arachne von Pallas Athene in eine Spinne verwandelt, weil sie es wagte, die Kriegsgöttin bei einem Wettbewerb im Teppichweben zu besiegen: Einzig Arachne gelingt es, die unzähligen Bilder der mythischen Geschichten annähernd zu einem großen Teppich zu verweben. Athene, geschlagen, verflucht die Siegerin und zerreißt das Bild ihrer Niederlage in tausend Stücke. Darüber ist Arachne so entsetzt, daß sie sich an einem Fadenende ihres zerstörten Teppichs zu erhängen versucht. Aber das gelingt nicht mehr, weil die Verwandlung bereits stattgefunden hat. Seither wuchert das Netz der Bilder der Geschichten ohne Unterlaß und Arachne spinnt sämtliche Fäden dafür.

Orientiert an der kurzen Geschichte von Arachne, Sinnbild der unentwirrbaren Verwobenheit der Mythen und Geschichten, ist ARACHNE.TV eine Performance-Arbeit, die die Vorstellung des Archivs anhand der eigenen künstlerischen Arbeit zu befragen versucht.

Während die LOSE COMBO in ihrer LAST/Trilogie (1999-2001) im Rückgriff auf die Metamorphosen Ovids die Erzählbarkeit, Darstellbarkeit und Möglichkeiten der Überlieferung von Geschichte/n befragte und dabei vor allem die Lücken und Widersprüche der mythologischen Archive als Material nutzte, entstand - neben der Dokumentation der Aufführungen selbst - ein Archiv nicht verwendeter Texte, Klänge und Videos etc., das mit zunehmender Zeit selbst zu einer Art verborgener Arbeit wurde.

In einer raumgreifenden Videoinstallation ist auf drei mehrfach gebrochenen Projektionen zeitgleich Bildmaterial sowohl aus dem Produktions- wie aus dem Dokumentationsarchiv der Trilogie zu sehen; dabei ergeben sich überraschende Bezüge unterschiedlicher Zeit-, Material- und Produktionsschichten. Außerdem sind auf drei Monitoren vereinzelt kurze Sequenzen aus Video-Interviews zu verfolgen, die mit den Projekt-Beteiligten geführt wurden. Auf diese Weise werden noch die individuellen Erinnerungsspuren an die LAST/Trilogie zum Bestandteil der Arbeit.

Während der Aufführungen sind in zweieinhalb Stunden über 400 elektroakustische Klänge zu hören, die mit Hilfe eines Zufallsgenerators aus dem Klangarchiv der LOSE COMBO ausgewählt und zu einem ruhig pulsierenden, flächigen Klangraum verwoben wurden. Live-gespielte Bratschen-Klänge, aus den Partituren der LAST/Trilogie ausgewählt, sowie ein Satz aus einer Suite J.S. Bachs geben dem Feld richtungsloser Klänge immer wieder akustische Konturen.

Schließlich widmet sich an jedem der drei Performance-Abende ein etwa 20-minütiger Vortrag aus vermeintlich distanzierter Perspektive dem Problem der Archivierung und der Vernetzung der Archivarien. Dabei stellen die drei Texte nicht nur Bezüge zu den mythologischen Geschichten und den zeitgleich projizierten Videobildern, sondern auch zu scheinbar virtuellen Gespenstern und zum Internet her.

ARACHNE.TV ist eine eigenständige Performance/Installation, die zugleich die LAST/Trilogie im Sinne eines Epilogs fortsetzt: Offenbar beginnt eine Arbeit so wenig an ihrem Anfang wie sie an ihrem Ende sinnvoll aufhören kann.