was/war

Berliner Morgenpost, 17.11.1997

Lose Combo erzwingt eine Stunde Ruhe im Großstadtalltag

Früher war diese Art Andacht in Kirchen zu finden. Nach "FAST ein Triptychon" zeigt Lose Combo zum zweiten Mal eine Uraufführung im Theater am Halleschen Ufer. Vielschichtig der Titel: "was/war" - deutsch oder englisch, war = Krieg? Als "Versuch der aggressiven Unruhe des Großstadtalltags eine Stunde Ruhe entgegenzusetzen" will die Combo ihre Klang-, Licht- und Videoinstallation verstanden wissen.
Die Aufführung erzwingt Ruhe, weil sie selbst daraus besteht. Eine Klavier-Invention von Bach dient als Grundlage: verfremdet, weil im zeitlichen Verlauf extrem gespreizt und auf die Dauer von fast einer Stunde ausgedehnt. In dieses Klanggerüst eingebettet spricht Anja Bayer mit ruhiger, fast emotionsloser Stimme Texte von Jörg Laue, die sich um ein historisches Ereignis aus dem Jahre 42 v. Chr., die Schlacht bei Philippi, ranken.
Zwischen den Texten - eine wahre Wohltat - gibt es ein Stück Mozart, das im Kontrast zu den vereinzelten Bachschen Tönen erst recht vertraut und harmonisch klingt. Ansonsten ist die Aufführung anstrengend bis zum Unerträglichen. Einzige Ausflucht bleibt der Rückzug in die eigene Gedankenwelt, in einen meditativen Zustand, in eine ganz persönliche Andacht. Am Ende - nach einer mit irritierenden Tönen angefüllten Stunde - bleibt die Frage "was/war"?

ambs