still (LAST/Trilogie 2)

Beschreibung

still, der zweite Teil der LAST/Trilogie, basiert auf der Geschichte von Niobe, die aus Trauer zu Stein erstarrte, aber auch nach ihrer Versteinerung nicht aufhören konnte zu weinen: Die Beredsamkeit der Trümmer wird zu einem Sinnbild für die Unabschließbarkeit der Geschichte/n. Das Projekt fragt nach der Möglichkeit von Zeugenschaft jenseits des Dokumentierten und des Dokumentierbaren.

Umschlossen von einem großen doppelwandigen Kubus aus transparentem Glasvlies, begibt sich eine Performerin auf einen langen Parcours aus vereinzelt herumliegenden Pflastersteinen. Sie ist auf der Suche nach einem festen Stand und einem ganz und gar stillen Augenblick, in dem es möglich wäre, die Geschichte von Niobe zu Ende zu erzählen. Aber der unebene Boden ermöglicht keinen sicheren Stand. Um die Balance nicht zu verlieren, sind weitere Schritte notwendig; immer wieder von neuem entgleitet ihr die Erzählung und führt sie auf entlegenen Wegen durch Erdbeben, vermeintliche Rauschzustände und Steinbrüche, in und mit denen Niobe lebt. Die Text-Performance wird zu einem Sisyphos-Unterfangen. Währenddessen beschäftigt sich ein weiterer Performer mit der Rekonstruktion des E-Mail-Verkehrs zwischen Niobe und Zeus, in der auch Walter Benjamins Haschisch-Experimente und Friedrich Hölderlins Vorliebe für Bordeaux Berücksichtigung finden.

Die Schrittgeräusche und die Textfragmente, zwei live gespielte tradierte Musik-Stücke (Beatles / Bach), leise flirrende elektronische und radiophone Klänge sowie die langsam pulsierenden Akkordschichtungen des Klaviertrios werden zu Momenten einer komplexen Raum-Musik, deren exakte polymetrische und polyphone Struktur absichtsvoll verborgen bleibt. Die Partitur des Trios, die anhand eines Intervalpräferenzverfahrens entwickelt wurde, orientiert sich exakt an der zeitlich-sukzessiven Struktur des zweiten Teils jener letzten fragmentarischen Fuge J. S. Bachs, nach der die gesamte LAST/Trilogie gestaltet wird.

Auf den Glas-Kubus werden von zwei Seiten bildelektronisch bearbeitete Aufnahmen - meist schwarz/weiße Video-Stills - von Häusern und deren Trümmern aus verschiedenen Epochen sowie einige Portraits projiziert. Das Licht der Bilder und zusätzliche Lichtquellen durchdringen sich gegenseitig - die Transparenz und Farbigkeit des gläsernen Raums ist ständig in Veränderung begriffen, und selbst die stehenden Bilder kommen nicht zur Ruhe. So entsteht ein Spannungsfeld zwischen dem Geschehen im Inneren des Kubus und den Bildern auf seiner Oberfläche, zwischen den Momenten außergewöhnlicher Beruhigung und unkalkulierter momentaner Beschleunigung, zwischen den Versuchen des Erzählens und seinem Scheitern.