FAMA

Berliner Morgenpost, 6.8.1999

Performance: Im Tacheles hinters Licht geführt

Gerüchte sollen ja immer einen wahren Kern haben. Was jedoch die reale Grundlage der Video-Performance "Fama" im Tacheles sein soll, muß sich jeder Besucher selbst ausmalen, ohne auch nur einen konkreten Anhaltspunkt zu haben. Mehrere hintereinander platzierte Vorhänge aus halb transparentem Glasvlies werden von einem Projektor angestrahlt und streuen dessen Lichtstrahlen auf immer neue Weise. Was jedoch der Projektor "verschickt", bleibt bei allem Licht im Dunkeln. Laut Begleitblatt wurde das Video-Ausgangsmaterial mit einem falschen Bildwiedergabeformat vielfach kopiert.
Jörg Laue, der Schöpfer dieses Kunstwerkes, will so die "verborgene/verschwiegene" Geschichte des Gezeigten und "ihres Anderen" zeigen. Das hört sich nach einer Philosophie an, die die Dialektik in die Postmoderne retten will, und scheitert als Bühneninstallation kläglich. Wer nämlich das "Andere" erfahren will, muss sich erst mal mit dem Eigentlichen auskennen. Dafür aber liefert "Fama" keinerlei Hinweise. Das Ausgangsmaterial der Video-Projektion kann eine Architekturstudie ebenso sein wie eine Sonde im Inneren eines Körpers oder abgefilmte Malerei.
Vom Besuch dieser Installation soll hier aber nicht abgeraten werden. Der abgedunkelte Theaterraum des Tacheles, in dem nur die Farbspiele zu sehen und "ruhige" Klänge zu hören sind, ist ein Meditationsraum an der bewegten Oranienburger Straße. Wer sich abgehetzt fühlt von Einkaufs- oder Beziehungs-Stress, kann hier ein wenig Ruhe finden. Er kann auch selbst bestimmen, wie lange er sich hier aufhält. Allerdings: "Fama" ist im Zusammenhang mit dem Musiktheaterprojekt "Last/Trilogie" entstanden, dessen erster Teil am 18. September am Halleschen Ufer uraufgeführt werden soll. Da wird dann hoffentlich mehr zu sehen sein als technisches Kulissenspiel.

Christian Schindler